9. Januar 2024

MEINUNG UND ANALYSE

Institutionelle Anleger: Opportunitäten am Immobilienmarkt trotz unruhiger Zeiten

Gastbeitrag von Dr. Jens Kleine, Professor für Bankmanagement und Finanzwirtschaft, CFin – Research Center for Financial Services, München und Robert Massing, Mitglied des Vorstands, Solutio AG, München.

Vor dem Hintergrund der Zinswende und anderer Entwicklungen, wie gestiegenen Baukosten, hat sich für Immobilieninvestitionen in den vergangenen drei Jahren ein zunehmend widriges Marktumfeld ergeben.

Immobilien haben dadurch in der öffentlichen Wahrnehmung ihre Stellung als sichere und wertstabile Kapitalanlage zumindest teilweise verloren. Auf Basis einer Studie mit 121 institutionellen Investoren wird untersucht, welche Erwartungen und Anforderungen diese Anleger gegenüber Real Estate haben und welchen Stellenwert diese Asset-Klasse heute und in Zukunft im Bereich der Eigenanlagen einnehmen wird. Die Ergebnisse zeigen, dass Institutionelle klare Opportunitäten im Immobilienbereich sehen und somit zumindest mittel- bis langfristig eine positive Sektorentwicklung erwarten.

In den letzten Jahren hat sich das Marktumfeld für Immobilieninvestitionen erheblich verändert und stellt institutionelle Anleger damit vor neue Herausforderungen. Die Finanzierungskosten sind durch die Zinswende gestiegen, wodurch die Rentabilität von Immobilienprojekten beeinflusst wird. Bereits zuvor haben auch die Baukosten zugenommen, was vor allem auf steigende Rohstoffpreise, Arbeitskosten und regulatorische Anforderungen zurückzuführen ist. Hinzu kommt ein weiterer, gewerblich genutzte Immobilien betreffender Wandel: der Trend zum Homeoffice. Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern zunehmend flexible Arbeitsmodelle an, wodurch die Nachfrage nach Büroflächen in vielen Märkten zurückgeht. Für institutionelle Anleger bedeuten diese Entwicklungen, dass sie ihre Anlagestrategien überdenken und anpassen müssen, um in diesem herausfordernden Umfeld weiterhin erfolgreich zu sein. Da insbesondere die Zinswende nach einer lange andauernden Niedrigphase eine geldpolitische Zeitenwende darstellt, sind die Einstellungen, Anforderungen und Erwartungen institutioneller Investoren gegenüber Immobilieninvestitionen von besonderer Relevanz.

Viele Jahre lang haben insbesondere die niedrigen Zinsen einer expansiven Geldpolitik für gute Stimmung am Immobilienmarkt gesorgt. Niedrige Finanzierungskosten trieben die Immobilienbewertungen in stetig neue Höhen. Institutionelle Investoren haben stark von der dynamischen Wertentwicklung des Immobiliensektors profitiert und ein großes Portfolio an entsprechenden Investitionen aufgebaut. So sind 92 Prozent der befragten Anleger am Real-Estate-Markt investiert. Da der künftige Geschäftserfolg dieser Investoren damit teils erheblich mit dem Immobilienmarkt verbunden ist, üben die Institutionellen mit ihren Einschätzungen zu Real Estate eine gewisse Marktmacht aus.

Die Zinswende, welche aufgrund hoher Inflationsraten von fast allen einflussreichen Zentralbanken weltweit eingeleitet wurde, hat jedoch auch für den Immobiliensektor weitreichende Folgen. Hohe Finanzierungskosten haben die Nachfrage nach Immobilienkrediten stark einbrechen lassen. Trotz dieser Entwicklungen blicken institutionelle Investoren positiv in die Zukunft. Eine Abwendung von der Immobilienbranche scheint auf Basis der vorliegenden Daten ausgeschlossen.

Alternative Assets sind robust in volatilem Marktumfeld

Real Estate, als die im Zentrum der Studie stehende Anlageklasse, ist neben Infrastruktur, Private Equity und Private Debt den alternativen Assets zuzuordnen. Bei einem Vergleich der Verbreitung dieser Assets in den Portfolien der Befragten liegen Infrastruktur (58 Prozent) und Private Equity (53 Prozent) mit einigem Abstand hinter der Asset-Klasse Real Estate, in die 92 Prozent der Institutionellen investiert sind. Hinsichtlich der aktuellen Attraktivität positionieren sich Infrastrukturanlagen, die von 70 Prozent der Befragten als attraktiv bewertet werden, vor Immobilien mit einem entsprechenden Wert von 55 Prozent. Bemerkenswert ist die Entwicklung des Exposures der befragten institutionellen Investoren in den vergangenen zwei Jahren. Hier geben circa zwei Drittel an, innerhalb dieses Zeitraums ihren Bestand an Immobilieninvestitionen erhöht zu haben. Alle untersuchten Asset-Klassen haben gemeinsam, dass professionelle Anleger ihr Exposure in keiner davon nennenswert verringert haben, während zusätzlich ein signifikanter Anteil plant, den Bestand in den kommenden Jahren zu erhöhen. Alternative Asset-Klassen werden damit immer mehr zum festen Bestandteil der Asset-Allokation. Dabei stechen insbesondere Infrastrukturinvestitionen hervor, die von 74 Prozent der Institutionellen künftig gesteigert werden wollen (Grafik 1). Allerdings beweist auch Real Estate weiterhin Wachstumspotenzial. Von einem ohnehin hohen Niveau ausgehend, plant auch hier jeder dritte Befragte eine Ausweitung des Exposures.

Befragte erwarten attraktive Renditen bei Real Estate

Befragt nach den Renditeerwartungen an die Asset-Klassen, ergibt sich folgendes Bild: Bei Immobilien erwarten institutionelle Investoren im Durchschnitt fünf Prozent Rendite, bei Infrastruktur sieben Prozent. Hinsichtlich Private Debt und Private Equity liegt die Wunschrendite mit acht Prozent beziehungsweise zehn Prozent höher. Ganz offensichtlich ist also die Rendite nicht das einzige Kriterium, das die Attraktivität einer alternativen Geldanlage für die Institutionellen ausmacht.

So hat die Abfrage nach dem Einfluss von Nachhaltigkeit auf die Eigenanlagen ergeben, dass 84 Prozent der Befragten diesen als stark oder sogar sehr stark einschätzen. Die Eigenanlagenstrategien der Experten werden damit zusehends von Nachhaltigkeitsaspekten geprägt. Durch die Investition in entsprechende Objekte mit hoher Energieeffizienz kommen die Institutionellen nicht zuletzt auch den Anforderungen eigener Kunden nach. Von den positiven Erwartungen bezüglich künftiger Renditen im Immobiliensektor kann abgeleitet werden, dass die aktuellen Turbulenzen am Markt nach Meinung der Experten lediglich kurzfristige Auswirkungen auf die Wertentwicklung haben. Denn während für die nächsten ein bis zwei Jahre nur sechs Prozent von Wertzuwächsen ausgehen, steigt dieser Wert für die Zeiträume von drei bis fünf Jahren auf 40 Prozent und zwischen sechs und zehn Jahren auf 81 Prozent (siehe Grafik 2). Mittelfristige Werttreiber bei Immobilieninvestitionen sind laut den Befragten insbesondere die erwarteten Mietrenditen. Hier gehen mehr als zwei Drittel von steigenden Erträgen aus. Die Entwicklung der Objektwerte für diesen Zeitraum wird neutraler eingestuft. Experten sehen demnach trotz kurzfristiger Schwierigkeiten und Wertstagnationen keinen langfristigen Einbruch im Immobiliensektor.

Institutionelle sehen Vorteile in der indirekten Anlage

Institutionellen Investoren stehen bei der Geldanlage im Bereich Real Estate eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Verfügung. Eine Mehrheit von 84 Prozent der Befragten hat in der Vergangenheit indirekte Investitionswege, insbesondere geschlossene und offene Immobilienfonds, genutzt. Demgegenüber haben 58 Prozent über Direktinvestitionen bereits am Immobilienmarkt partizipiert. Bei der indirekten Immobilieninvestition sehen Befragte im geringeren Investitionsaufwand (71 Prozent) sowie der besseren Diversifikation (70 Prozent) Vorteile. Auch die geringeren Einstiegsbarrieren werden von vielen Profianlegern (59 Prozent) geschätzt. Die höhere Liquidität indirekter Investitionen, welche von 41 Prozent als vorteilhaft eingeordnet wird, rückt etwas in den Hintergrund. Mit Bezug auf den präferierten Fondstyp einer indirekten Immobilieninvestition gehen die Ansichten der institutionellen Investoren auseinander. So bevorzugen 52 Prozent offene und 48 Prozent geschlossene Fonds. Bei der Laufzeit geschlossener Immobilienfonds bevorzugt mit 70 Prozent eine große Mehrheit fünf bis zehn Jahre. Auch Laufzeiten zwischen elf und 15 Jahren sind für etwa jeden vierten Befragten attraktiv, während nur ein minimaler Anteil sehr kurze (bis vier Jahre) oder sehr lange Laufzeiten (16 bis 20 Jahre) vorzieht.

Mehrheit schätzt Wohnimmobilien als attraktiv ein

Befragt nach verschiedenen Immobilientypen, ordnen zwei Drittel der Institutionellen Wohnimmobilien als attraktiv ein. Bei Büroimmobilien und Industriegebäuden liegt dieser Wert bei etwa einem Drittel. Der Bereich Special Purpose, wozu beispielsweise Pflegeheime oder Hotels gehören, wird demgegenüber mit 41 Prozent noch etwas attraktiver eingeschätzt. Hinsichtlich der regionalen Ausrichtung von Immobilienfonds wird von den Befragten zu zwei Dritteln ein internationales Portfolio präferiert. Dabei wird mit 71 Prozent insbesondere die DACH-Region sowie mit 57 Prozent das übrige Europa als attraktiv für Immobilieninvestitionen angesehen. Dahinter folgen Nordamerika (35 Prozent) und die Region Asien/Pazifik (28 Prozent). Südamerika und Afrika sind dagegen von untergeordneter Relevanz.

Hinsichtlich der Anlagestrategien bevorzugen die Befragten die risikoarmen Bereiche Core und Core Plus, welche von 68 beziehungsweise 64 Prozent als attraktiv empfunden werden. Vor dem Hintergrund steigender Leitzinsen und damit erhöhter risikofreier Renditen überdenken institutionelle Investoren jedoch teilweise ihre Risikobereitschaft bei Immobilieninvestitionen. Ein Drittel würde verstärkt ins Risiko gehen, um unter den aktuellen Gegebenheiten einen attraktiven Ertrag zu erwirtschaften. Eine Option bietet die Investition im Value-add-Segment. Hier liegt der Fokus auf der Neupositionierung von Bestandsobjekten durch Sanierung und Aufwertung. Dabei ergeben sich Renditechancen unter anderem durch laufende Mieteinnahmen bei gleichzeitig hohen Wertsteigerungen. 41 Prozent der Befragten stufen diese Möglichkeit als attraktiv ein. Um die Chancen im Bereich Valueadd nutzen zu können, ist allerdings eine gewisse Expertise in der Projektentwicklung nötig. Außerdem muss das Risiko eingegangen werden, bei gescheitertem Projektvorhaben Objekte mit Wertverlusten verkaufen zu müssen.

Kriterien und Hemmnisse bei Immobilieninvestitionen

Die Studie gibt zusätzlich einen Einblick in die Kriterien, nach denen die Anlageprofis einen Immobilienfonds auswählen. Wichtig ist für 62 Prozent das Management-Team. Transparenz ist 59 Prozent der Befragten wichtig und ein gutes Rendite-Risiko-Profil 41 Prozent. Die Diversifikation des Fonds wird mit 39 Prozent ebenfalls häufig genannt. Weitere vermeintlich wichtige Aspekte wie die Gebührenstrukturen (20 Prozent) und Laufzeiten (13 Prozent) der Fonds spielen hinsichtlich deren Relevanz für institutionelle Investoren eine untergeordnete Rolle. Als Teilaspekt besonders wichtig ist den Befragten hinsichtlich des Management- Teams die Fähigkeit der Verantwortlichen von Fonds bei aufkommenden Problemen unterstützen zu können. Die Fachkompetenz des Teams empfinden 47 Prozent als wichtig.

Neben den genannten Gesichtspunkten, die bei der Wahl eines Asset Managers beziehungsweise eines Immobilienfonds relevant sind, existieren auch Faktoren, welche die Befragten bei Investitionen in Immobilien im Allgemeinen als besondere Hemmnisse betrachten. So werden hohe Kapitalanforderungen und die Unsicherheit über künftige Wertentwicklungen jeweils von 44 Prozent der befragten institutionellen Investoren als große Hürden für eine Investition in Immobilien betrachtet. Als noch größeres Hemmnis wird lediglich die Illiquidität der Anlageklasse eingestuft. Dieses Hindernis ordnen 54 Prozent der Anlageprofis als groß ein.

Institutionelle Anleger

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