(DE) Welche Trends und Entwicklungen erwarten Sie für den Beteiligungsmarkt 2026?
SENTIMENT
Umfrage unter Marktexperten
Ralf Borchers, Geschäftsführer, NBank Capital: 2025 war für die NBank Capital vor allem von Frühphaseninvestments in Deeptech-Start-ups geprägt, etwa in Phaeosynt, Skyseed und Bioweg. Die Nachfrage nach unserem Wagniskapital war konstant hoch, und das erwarten wir auch für das kommende Jahr, denn die Zahl der Start-up-Neugründungen in Niedersachsen steigt seit Jahren kontinuierlich an. Darunter gibt es mehr Deeptech-Start-ups, auch infolge der vom Land geförderten Hightech-Inkubatoren, und der Kapitalbedarf dieser Start-ups ist vergleichsweise hoch. Auch sehen wir eine zunehmende Anzahl von Start-ups in der Wachstumsphase in Niedersachsen. So sind Folgefinanzierungen für einige unserer Portfoliounternehmen bereits absehbar. Wir engagieren uns außerdem bei der Wachstumsfinanzierung von Mittelständlern und der Nachfolgefinanzierung, für die wir weiterhin wachsenden Bedarf sehen. Schließlich nehmen wir auch eine Kreditzurückhaltung bei Finanzinstituten wahr – dadurch gerät die Alternative der Eigenkapitalfinanzierung stärker in den Fokus. Konkrete Fälle werden uns von Kreditinstituten angetragen.
Christian Futterlieb, Geschäftsführer, VR Equitypartner: 2025 war ein dynamisches Jahr mit erfolgreichen Unternehmensübergaben (unter anderem Evolit, Zimmer & Hälbig, Votronic) und drei Mezzanine-Finanzierungen für Wachstum und Transformation. Trotz hoher Nachfrage nach starken Unternehmen erschwerten die wirtschaftlichen Bedingungen Due Diligence-Prozesse und Kaufpreisverhandlungen. Für 2026 planen wir eine strategische Neuausrichtung: Neben unserem branchenübergreifenden Ansatz fokussieren wir Investmentthesen wie TGA, TIC, Property Services, Governance Software und Healthcare IT. Ziel ist es, hier erster Ansprechpartner für Nachfolgelösungen und Wachstumsfinanzierungen zu werden. Wir setzen auf Konjunkturerholung für ein stabileres Marktumfeld.
Martin Krauss, Geschäftsführer, FGK Clinical Research: Der Life Sciences-Beteiligungsmarkt bleibt auch 2026 herausfordernd. Frühphasenfinanzierungen sind weiterhin schwerer zu erhalten. Kapital fließt bevorzugt in klinisch validierte Ansätze mit klaren Meilensteinen und einem überzeugenden Risiko-Return-Profil. Marktzugang und Erstattungsfähigkeit rücken stärker in den Fokus: Nur wer früh den klinischen und ökonomischen Mehrwert belegt, reduziert Risiken und schafft echte Wertsteigerungspotenziale. Parallel dazu setzen große Pharma- und Biotech-Unternehmen ihre aktive Akquisitionsstrategie fort und nutzen M&A und gezielte „Buy-and-Build-Strategien“, um ihre Pipeline zu stärken und strategische Lücken zu schließen – ein bedeutender Treiber für Exits. Dennoch bleibt das Marktumfeld aufgrund höherer Zinsen, regulatorischer Unsicherheiten und eines begrenzten IPO-Fensters volatil. Wer starke Daten liefert und Partnerschaften früh absichert, verbessert seine Chancen auf Investoreninteresse und nachhaltiges Wachstum deutlich.
Robert Massing, Vorstand, Solutio AG: Das zweite Halbjahr 2025 ist weiterhin durch makroökonomische Schwankungen, geldpolitische Veränderungen, Inflation und Zölle gekennzeichnet. Obwohl erste Anzeichen einer wirtschaftlichen Verlangsamung und steigender Inflation sichtbar werden, erscheint eine breite Rezession eher unwahrscheinlich. Unterstützende Faktoren wie der „One Big Beautiful Bill Act“ in den USA, die globale Dynamik durch Künstliche Intelligenz und niedrigere Zinsen dürften dazu beitragen, dass die wirtschaftliche Entwicklung bis hinein in das Jahr 2026 stabil bleibt. Ferner ist im zweiten Halbjahr 2025 bereits eine deutlich höhere Aktivität bei M&A-Transaktionen zu beobachten. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung 2026 weiter fortsetzen wird. Positiv zu erwarten sind demnach höhere Rückflüsse aus bestehenden Fonds an die Investoren. Aufgrund der in den letzten Jahren stabilen Bewertungen sehen wir weiterhin gute Einstiegsmöglichkeiten bei Primaries und Secondaries.
Bettina Scheibe, Managing Partner, United Founders: Der Beteiligungsmarkt steht 2026 vor einer neuen Realität: Geopolitische Faktoren sind nicht länger Randthema, sondern prägen die Spielregeln. Defence- und Dual Use-Technologien gewinnen an Gewicht, ebenso der Aufbau resilienter europäischer Lieferketten. Parallel verschärft sich der Wettbewerb mit China – insbesondere in Automatisierung, Robotik, Batterien, Energiespeichersystemen und Maschinenbau – und erreicht zunehmend auch Europa. Für Start-ups bedeutet das: Wer bestehen will, muss bereits im Pre-Seed-Stadium international denken. Produkte sollten von Tag eins an unter regulatorischen und lizenzrechtlichen Anforderungen entwickelt und getestet werden. Eine frühe Präsenz in Kernmärkten, noch vor der eigentlichen Wachstumsphase, wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Investoren wie Gründer müssen zudem verstehen, welche Teilbereiche chinesische Hersteller dominieren werden und wo europäische Firmen Wettbewerbsvorteile oder Schutz genießen. Gleiches gilt für Entwicklungen in den USA und Israel. Geopolitisches Wissen und tiefes Expertenverständnis der technologischen Verschiebungen werden damit zum Schlüssel für erfolgreiche Investments – und letztlich für die Performance der Fonds.